Im Moment ist es amüsant die Fachpresse zu verfolgen, wenn diese den hilflos anmutenden Versuch macht, ihren Lesern oder Zuschauern einen Ausblick auf die Marktentwicklung der nächsten Tage zu geben. Eine früh am Morgen formulierte Einschätzung ist nicht selten bereits wenige Stunden nach Markteröffnung überholt. Das muss frustrierend sein…
Da haben wir es mit unserem wikifolio-Musterdepot deutlich einfacher und besser. Während der Finanzjournalist täglich aufs Neue seine Seiten füllen muss, zwingt uns niemand zu unnötigem Aktionismus. Der wäre in der aktuellen Lage auch nicht angebracht.
Ein Blick auf DAX und DOW zeigt die aktuelle Unsicherheit. Von seinem Hoch Mitte November viel der DAX innerhalb weniger Tage um fast acht Prozent. Danach ging es innerhalb von nur fünf Tagen mehr als fünf Prozent aufwärts, innerhalb der gleichen Zeitspanne wurde in den folgenden Tagen die Hälfte der vorherigen Aufwärtsbewegung wieder einkassiert.
Im Nachhinein fällt es den Journalisten und Analysten selbstverständlich leicht, zu erklären, warum es genau so und nicht anders kommen musste. Das hilft aber niemandem weiter, weil man eine Aktie oder einen Optionsschein heute nicht mehr zum Kurs von gestern kaufen kann. Investmenterfolg spielt sich immer in der Zukunft ab. Diese könnte mit Blick auf die nächsten Monate zumindest nach heutiger Einschätzung einigermaßen positiv sein.
JETZT POSITIONIEREN?
Das allein führt aber nicht dazu, dass wir mit unserem wikifolio-Musterdepot auf Einkaufstour gehen. Zu einer guten Position gehört nicht nur ein zukünftig positives Entwicklungspotential. Auch der Einstieg sollte gut gewählt werden. Wer bei den letzten Einstiegen genau hingeschaut hat, wird bemerkt haben, dass hier ein paar Positionen den Weg in unser Depot gefunden haben, bei denen dieser Einstieg nicht optimal war. Im Gesamtergebnis wirkt sich das nicht dramatisch aus. Es führt aber dazu, dass trotz positiver Aussicht für diese Positionen erst einmal Verluste aufgeholt werden müssen, bevor Gewinne erzielt werden können.
Es ist selbstverständlich reines Wunschdenken immer den optimalen Einstieg und den optimalen Ausstieg zu schaffen. In der Realität wird das nicht gelingen. Auch darf man sich von diesem Wunsch nicht in seinem Handeln blockieren lassen. Aber man darf vorsichtig werden. Diese Vorsicht führt dazu, dass wir in einem Monat, der für seine Jahresendrallyes bekannt ist und in dem Profis und Privatanleger oft Angst haben etwas zu verpassen, einfach mal die Füße still halten. Bis zum heutigen Tag sind wir damit ganz gut gefahren, weil wir uns nicht von Ansichten haben treiben lassen, die oft innerhalb kürzester Zeit das Vorzeichen wechseln, sondern weil wir unsere eigene Meinung haben.
LIQUIDITÄT IST TRUMPF
Der Marktentwicklung geschuldet steht zwar auch unser Zertifikat auf der Plattform von Lang & Schwarz mit rund -0,80 % auf Monatssicht leicht im Verlust. Die hohe Liquiditätsquote und der Einsatz von Derivaten anstatt Aktien führt aber dazu, dass diese Wertentwicklung besser ist, als die des DAX, der im Vergleichszeitraum mehr als -3,2 % Verlust aufweist.
Aus den selben Gründen fällt auch die Volatilität in unserem Depot deutlich geringer aus. Nicht nur im Vergleich zum DAX, sondern auch im Vergleich zu anderen etablierten wikifolio-Musterdepots.
An den aktuellen Positionen halten wir vorerst fest. Auch wenn diese aktuell im Verlust liegen, brennt hier nichts an. Aktien und ETFs können auf Dauer gehalten werden. Der jeweilige Anteil einzelner Positionen am Gesamtdepot ist gering. Insbesondere die Rohstoff-ETFs bekommen dann wieder Anschub, wenn auch die Konjunktur wieder anzieht bzw. die Aussichten wieder besser werden. Ein signifikanter weiterer Rückgang, unabhängig von den Konjunkturaussichten, ist vorerst wahrscheinlich nicht zu erwarten, da die Verfügbarkeit einiger Rohstoffe nach wie vor knapp ist, was sich kurzfristig technisch auch nicht ändern lässt.
Auch die Derivate-Positionen können problemlos gehalten werden. Aktuell befinden sich knapp drei Prozent des Depotkapitals in Derivaten. Bis auf wenige Ausnahmen haben diese Derivate eine Laufzeit bis in das vierte Quartal des kommenden Jahres. Die meisten Optionsscheine stehen tief im Geld. Selbst bei einem Totalausfall aller Positionen, der sehr unwahrscheinlich ist, weil es dazu weiterhin auf Dauer fallender Kurse bedürfte, stünde am Ende ein Risiko von aktuell überschaubaren drei Prozent.
DIE LETZTEN HANDELSTAGE – UND DANN?
Bis zum Jahresende erwarten wir nicht mehr viel. Die Richtung ist nach wie vor kaum einzuschätzen. Zu viele Faktoren zerren aus unterschiedlicher Richtung an den Kursen. Deshalb ist eine zusätzliche Positionierung weder auf der Put-Seite, noch auf der Call-Seite sinnvoll. Mittelfristig ist das Lagebild noch zu unklar, kurzfristig wird es in einem volatilen Umfeld von Ankündigungen der Notenbanken und von einem anstehenden großen Verfallstag gezeichnet.
Ob es auf den letzten Metern noch zu einer Rallye kommt, wissen wir nicht. Wir halten uns raus, denn wenn die Veranstaltung abgesagt wird, wird der Ticketpreis nicht zurückerstattet. In das nächste Jahr gehen wir mir reichlich Liquidität und höchstwahrscheinlich mit einem wachsenden Anteil an kurzfristigen Positionen.
Aber auch im mittelfristigen Bereich haben wir bereits einige Titel unter Beobachtung, die aufgrund ihres Geschäftsmodells, ihrer Marktpositionierung oder der Branche, in der sie tätig sind, überdurchschnittlich gutes Wachstumspotential aufweisen. Auf der anderen Seite stehen Titel oder Basiswerte zur Verfügung, die, sollte sich die Marktentwicklung im kommenden Jahr doch weiter eintrüben, höchstwahrscheinlich deutlich mehr Federn lassen müssen, als der Marktdurchschnitt.
Unser Terminkalender ist voll. Allerdings momentan weniger mit Kapitalmarktterminen, sondern eher mit so wichtigen Events wie Plätzchen backen, Tannenbaum besorgen und um die Familie kümmern. Auch diese ToDo-Liste muss gewissenhaft abgearbeitet werden, weil eine Vernachlässigung zum temporären Entzug der Handelserlaubnis durch den Ehepartner oder die Familie führen könnte. Und das wollen wir ja nicht. Spaß beiseite: Das Depot werden wir selbstverständlich auch in den letzten Handelstagen im Auge behalten. Bewegung wird es dann im neuen Jahr geben, wenn nicht nur wir, sondern auch alle anderen Akteure die erste leere Seite in ihrem „Handelsbuch 2022“ aufschlagen.