Seit dem letzten Blog-Eintrag sind schon wieder drei Wochen vergangen. Selbstverständlich haben wir auch während dieser Zeit die Märkte weiter im Auge behalten. Wenn Sie die zurückliegenden Einträge lesen, mag das den Eindruck erwecken, dass unsere „Schallplatte einen Sprung hat“ – aber es ist tatsächlich so: Neue Einstiege für profitable Straddles gibt es leider immer noch nicht. Damit Sie diese Aussage besser nachvollziehen können, gibt es heute eine erklärende Grafik.
Als Bild zu diesem Beitrag sehen Sie einen Chart von ThyssenKrupp auf der rechten Seite und die dazugehörigen Optionsscheine auf der Linken Seite. Unterhalb der beiden Optionsscheine sehen Sie als graue Linie die Wertentwicklung des Straddles. Der Wert ermittelt sich aus der Addition der Prämien des Call-Optionsscheines und des Put-Optionsscheines.
Für die Erläuterung der aktuellen Lage nehmen wir ein theoretisches Szenario an. Gehandelt wurde dieser Straddle nicht!
Der Einstieg
Mitte August setzt der Kurs des Basiswertes von 7,50 Euro auf 6,00 Euro zurück. Wir warten ein paar Tage, um die Reduzierung der impliziten Volatilität abzuwarten. Am 21. August entscheiden wir uns für den Einstieg nahe einem Kurs im Basiswert von 6,00 Euro. Wir kaufen 7.234 Call-Optionsscheine und die gleiche Anzahl Put-Optionsscheine. Die Gesamtinvestition beträgt rund 17.000 Euro, also etwa einem Sechstel des Depotwertes.
Das Ziel ist, von einer erneuten Aufwärtsbewegung oder von einer sich fortsetzenden Abwärtsbewegung zu profitieren.
Seitwärtsphase
Bis zum 11. September (Punkt 1) läuft der Kurs des Basiswertes seitwärts. Die Prämiensumme der beiden Optionsscheine betrug zum Einstieg 2,35 Euro. Der Einstieg erfolgte bei einem Kurs des Basiswertes von 6,12 Euro. Am 11. September schließt der Basiswert bei 5,85 Euro, also 4,4 % tiefer als zum Einstieg. Trotzdem liegt die Prämiensumme nur bei 2,29 Euro. Multipliziert mit der Stückzahl der Optionsscheine beträgt der Wert des Straddles jetzt nur noch 15.915 Euro. Geschuldet ist dies im Wesentlichen der weiter sinkenden impliziten Volatilität und dem Theta.
Durchbruch nach unten
Der Kurs entwickelt Dynamik und fällt weiter. Eigentlich sollte der Straddle sich jetzt positiv entwickeln. Macht er aber nicht. Woran liegt das? Der Hauptgrund ist, dass wir gegen ein „schiefes Delta“ kämpfen. Dieses ergibt sich daraus, dass bei einem Optionsschein am Geld das Delta in der aktuellen Marktphase nicht bei 0,50, bzw. -0,50 liegt. Ursächlich hierfür ist zum Teil die aktuell immer noch hohe implizite Volatilität. Die Optionsscheine, die wir bei einem Kurs des Basiswertes von 6,00 Euro mit einem Ausübungspreis von ebenfalls 6,00 Euro am Geld gekauft haben, weisen ein schiefes Delta auf: Der Call-Optionsschein hat ein Delta von 0,58 und der Put Optionsschein ein Delta von -0,42.
Welche Folgen hat das? Fällt der Kurs des Basiswertes, verliert der Call-Optionsschein über sein starkes Delta mehr Wert, als der Put-Optionsschein mit seinem schwachen Delta gewinnen kann.
Folgerichtig führt die weitere Kursentwicklung deshalb erst einmal nicht in den Gewinn, sondern noch weiter in den Verlust. Erst ab einem Kurs des Basiswertes von etwa 4,50 Euro Erreicht die Prämiensumme wieder den Einstandswert von 2,35 Euro. Der Basiswert ist zu diesem Zeitpunkt 26,5 % (!) gefallen. Erst ein weiterer Kursverfall bringt den Straddle in den Gewinn. Am 2. Oktober (Punkt 2) schließt der Basiswert bei 3,88 Euro, also 36,6 % tiefer als beim Aufbau des Straddles. Die Prämiensumme beträgt jetzt 2,59 Euro. Multipliziert mit der Stückzahl der Optionsscheine beträgt der Wert des Straddles jetzt 18.736 Euro.
Ausstieg verpasst?
Dann gibt´s ein Problem. Bereits am Schluss des Folgetages ist der Gewinn wieder abgeschmolzen. Noch einen Tag später steht der Straddle schon wieder im Verlust.
Fazit
Es erscheint wenig sinnvoll einen Straddle zu platzieren, wenn klar ist, dass eine Bewegung im Basiswert von mehr als 25 Prozent erforderlich ist, um den Straddle in den Gewinn zu führen und wenn ebenfalls klar ist, dass jedes andere Szenario in den Verlust führt.
Es hilft leider auch nur bedingt weiter, den Ausübungspreis der Optionsscheine so zu verschieben, dass die Optionsscheine ein Delta von 0,50, bzw. -0,50 aufweisen. Das ist zwar möglich, löst das Problem aber nicht. Denn neben dem Delta ist auch das Gamma entscheidend. Die Verschiebung des Ausübungspreises führt dazu, dass der Call-Optionsschein aus dem Geld und der Put-Optionsschein im Geld liegt, da der Ausübungspreis oberhalb des aktuellen Kurses des Basiswertes liegen muss. Die Lage eines Optionsscheines beeinflusst neben dem Delta auch das Gamma. Beide Werte sind für die synchrone Entwicklung der beiden Optionsscheine eines Straddles entscheidend.
Ist ein Kauf der Optionsscheine am Geld mit einem Delta von 0,50, bzw. -0,50 nicht möglich, gibt es keine Synchronizität, da diese entweder durch das „schiefe Delta“ gestört wird oder, bei einer Verschiebung des Ausübungspreises zugunsten des Deltas, durch ein nicht mehr passendes Gamma.
Wir werden also weiter abwarten müssen…