Die Bären sind los!

Bei der heutigen Suche nach einem geeigneten und thematisch passenden Bild zu diesem Beitrag ist mir eines aufgefallen: Es gibt fast nur positive Bilder mit lachenden Menschen, die vor Glück die Arme hochreißen, während es Geldscheine regnet. Was soll uns das suggerieren? Handle mit Aktien und du wirst automatisch reich! Dass diese Aussage mehr mit Marketing als mit der Realität zu tun hat, beweist uns ein Tag wie heute.

ANGST VORM BÖSEN BÄR?

Der Bär steht ja bekanntlich für fallende Kurse und Verluste. Wer allerdings mit einem strikten Risikomanagement arbeitet, braucht vor solchen Situationen keine Angst haben. Unseren Artikel schmückt deshalb heute auch nicht etwa ein bedrohlicher, zähnefletschender Bär, sondern ein knuddeliger Kuschelbär!

RISIKOMANAGEMENT IN AKTION

Wie Sie sicher schon festgestellt haben, berichten wir gerne aus der Praxis. Das heißt, dass wir unsere strategische Arbeitsweise nicht nur im theoretischen Konjunktiv beschreiben, sondern mit tatsächlich gehandelten Positionen erläutern.

Seit Wochen schwelt der Ukraine-Konflikt. Ob es dort tatsächlich zum Krieg kommt, welches Ausmaß dieser annehmen wird und welche Auswirkungen das auf die Kapitalmärkte hat, musste und muss von Tag zu Tag neu bewertet werden. Nur selten halten sich solche Ereignisse an die Handelszeiten der Börsen. Und so kommt es, dass man sich am nächsten Tag plötzlich in einer stark veränderten Lage befindet – oft einhergehend mit massiven Kurseinbrüchen und Verlusten.

Gestern haben wir uns entschieden insgesamt sieben Call-Positionen zu eröffnen. Mit Blick auf die aktuellen Unwägbarkeiten wurden drei dieser Positionen bereits gestern wieder glattgestellt, vier blieben mit einer glasklaren Risikokalkulation im Depot. Alle Positionen waren Turbo-Optionsscheine (Knock-Out-Optionsscheine) auf Aktien.

In der obenstehenden Grafik sehen Sie den Verlauf der Glattstellungen von unten nach oben. Aufgebaut wurden die Positionen kurz nach Markteröffnung. Gegen Mittag konnten zwei Positionen im Gewinn geschlossen werden. Gegen Nachmittag fing der Markt an zu schwächeln und eine dritte Position wurde im Verlust glattgestellt, bevor diese noch mehr Ungemach verursachen konnte. Diese drei Positionen sind Bestandteil eines Intraday-Handelsansatzes. Vereinfacht beschrieben soll hier eine Bewegung des Basiswertes für den Einstieg genutzt werden. Die Glattstellung soll anschließend an vorher festgelegten Zielmarken oder bei Eintreten von Schwäche erfolgen.

Das Entscheidende bei diesem sehr kurzfristigen Ansatz sind das Risikomanagement und die Erfolgsquote. Pro Position wird im Normalfall etwa 0,1 Prozent des Depotkapitals eingesetzt. Durch die Knock-Out-Schwelle des Turbo-Optionsscheins lässt sich dieses Risiko in Stein meißeln. Wir nehmen 0,1 Prozent des Depotwertes und teilen diesen durch die aktuelle Optionsscheinprämie. Das Ergebnis ist die zu kaufende Stückzahl der Turbo-Optionsscheine. Da diese im Falle eines Fehlschlages schlimmstenfalls wertlos werden können, ist das Risiko absolut sicher auf den Verlust der Anschaffungskosten, in diesem Fall die 0,1 Prozent des Depotwertes, begrenzt.

Die drei zunächst glattgestellten Positionen haben in Summe zwar keinen allzu großen Gewinn erwirtschaftet, boten aber die Chance auf mehr, wenn sich die Bewegung zunächst fortgesetzt hätte. Diesen Gefallen tat uns der Markt nicht, deshalb wurde die dritte Position konsequent aus dem Markt genommen.

VIER MAL K.O. – NA UND?

Die vier Positionen, die wir haben stehen lassen, folgen einem anderen Handelsansatz, der auf mehre Tage bis hin zu etwa zwei Wochen ausgerichtet ist. Die Investition in diese Art Positionen kann zwischen etwa 0,1 Prozent und 0,5 Prozent des Depotkapitals schwanken. In „normalen“ Märkten sind sowohl die Häufigkeit wie auch das Risiko oft geringer. In volatilen Märkten kommt es zu häufigeren Signalen und das Risiko kann höher sein.

Der Vorteil bei häufigeren Signalen ist, dass man die „Eier auf mehrere Körbe verteilen kann“. Diese Diversifikation allein reduziert oft schon das Risiko. Eine weitere Risikoreduzierung erfolgt dadurch, dass die Positionsgröße reduziert wird, in diesem Fall Richtung unteres Ende der Skala, also Richtung 0,1 Prozent des Depotwertes.

Sollte dann, wie aktuell geschehen, der Fall eintreten, dass trotz Diversifikation, durch eine übergeordnete Marktbewegung, alle Positionen das Schicksal des Knock-Outs ereilt, kann man trotzdem noch lächeln.

WARUM SIND IN VOLATILEN MARKTPHASEN TURBO-OPTIONSSCHEINE DIE BESSERE WAHL?

Ganz einfach: Weil sich mit Turbo-Optionsscheinen, wie oben schon erwähnt, Risiken klar begrenzen lassen.

Das obenstehende Bild ermöglicht einen Vergleich zwischen einem klassischen Aktieninvestment und einem Investment in Turbo-Optionsscheine. Es handelt sich auch hier selbstverständlich wieder um eine in unserem wikifolio-Musterdepot gehandelte Position. Der Chart zeigt den Kursverlauf von Infineon. Diese Position war die erste, die es heute „erwischt“ hat.

Der letzte blaue Pfeil rechts im Chart kennzeichnet die Initialkerze, die als Grundlage für den Einstieg am 23. Februar diente. Der Einstieg fand zu einem Kurs des Basiswerte von 30,92 Euro statt. Das Ziel lag etwa bei 31,82 Euro, die Knock-Out-Schwelle bei 29,30 Euro.

Bei dem aktuellen Stand des Musterdepots entspricht ein Investment von 0,1 Prozent des Depotwertes etwa einem Betrag von 100 Euro. Dieser Betrag ist die einzig wichtige Größe! Ein gutes wikifolio definiert sich nicht allein durch die Performance, sondern auch durch Risikomanagement – insbesondere in unruhigen Marktphasen.

Unser Investment ist also bis zum Knock-Out auf einen Verlust von rund 100 Euro begrenzt. Bei Erreichen des angedachten Zieles wäre ein Gewinn von etwa 55 Euro zu verbuchen gewesen. Das Chance-Risiko-Profil ist in diesem Fall negativ. Das ist aber nicht weiter dramatisch, da es auch andere Positionen gibt, bei denen es deutlich positiv ist. Im Rahmen einer Mittelung und einer dem Markt angepassten Positionsgröße fällt ein negatives Chance-Risiko-Profil nicht weiter ins Gewicht.

Fakt ist: Der Basiswert eröffnete mit einer Kurslücke unterhalb der Knock-Out-Schwelle und die Prämie war verloren. Was wäre bei einem Aktieninvestment passiert? Ein kalkuliertes Risiko von 100 Euro hätte bei einer Kursdifferenz zwischen dem Einstiegspreis von 30,92 Euro und dem dann bei 29,30 Euro zu setzenden Stopp-Loss den Kauf von 61 Aktien erfordert.

100 € / (30,92 € – 29,30 €) = 61,73

Diese 61 Aktien hätten bei einem Kaufpreis von 30,92 Euro pro Stück etwa 1.886 Euro Kapital gebunden. Sofern ausreichend Liquidität vorhanden ist, ist das kein Problem. Was aber zum Problem werden kann, ist eine Markteröffnung am Folgetag unterhalb des gesetzten Stopp-Losses. Im wikifolio-Musterdepot gibt es zwei Möglichkeiten mit solchen Situationen umzugehen:

  • Es wird eine Stopp-Loss-Order in den Markt gegeben, die die Position zum nächstmöglichen Kurs glattstellt, sofern dieser Kurs unter dem gesetzten Stopp-Loss liegt. Liegt der Kurs durch eine Abwärts-Kurslücke tief unter dem Stopp-Loss, wird der Verlust deutlich höher ausfallen als beabsichtigt. Das Risikomanagement funktioniert nicht!

  • Es wird eine Stopp-Loss-Order in den Markt gegeben, die die Position nur dann glattstellt, wenn der festgestellte Kurs innerhalb eines definierten Bereiches liegt.

    Ein Beispiel:
    Die Aktie notiert bei 100 Euro. Eigentlich soll die Position bei 90 Euro mittels Stopp-Loss glattgestellt werden. Da der Händler Angst davor hat, dass die Aktie vielleicht bei 80 Euro öffnet und sein Risikomanagement „für die Tonne“ ist, entscheidet er sich die Position nur dann zu schließen, wenn der Kurs zwischen 90 Euro und 85 Euro liegt.

    Wird bei Markeröffnung ein erster Preis von zum Beispiel 70 Euro aufgerufen, wird die Stopp-Loss-Oder nicht ausgeführt und die Position bleibt im Markt – mit einem Buchverlust von 30 Prozent. Und selbstverständlich mit der Hoffnung, dass sie sich wieder erholt. Und nicht selten mit dem Ergebnis, dass sie noch weiter fällt.

 

Sie merken es vermutlich selbst: Die erste Option ist unsicher und die zweite ist unsinnig. Das hat mit Risikomanagement nichts, aber auch gar nichts, zu tun und führt oft in Drawdowns jenseits der 20 Prozent.

Was aber wäre in unserem konkreten Fall passiert, wenn wir uns für ein Aktieninvestment mit einem Stopp-Loss anstatt zu einem Investment in Turbo-Optionsscheine entschieden hätten? Die Position wäre zum ersten verfügbaren Kurs bei 28,23 Euro glattgestellt worden. Pro Aktie hätte dies einen Verlust von 2,09 Euro verursacht. In Summe hätte die Aktien-Position also rund 127 Euro eingebüßt – und damit rund 27 Prozent mehr Verlust erwirtschaftet als die Turbo-Optionsscheine. Je tiefer der Eröffnungskurs unter dem Stopp-Loss liegt, umso größer ist der unvorhersehbare Verlust bei einer Glattstellung einer Aktien-Position im Rahmen einer Kurslücke nach unten.

Zurück zu unseren Turbo-Optionsscheinen: Die sieben aufgezeigten Positionen haben in Summe einen Verlust von rund 0,38 Prozent bezogen auf das Depotkapital verursacht. Vielleicht dreht morgen wieder alles nach oben und wir stellen fest, dass alle Positionen wieder im Gewinn stehen würden. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Egal wohin die Reise geht, wir finden schon wieder Einstiege. Schauen Sie einfach nochmal auf den Chart oben im Beitrag. Zählen sie mal die Pfeile. Jeder dieser Pfeile ist ein Hinweis unseres Screeners auf eine Handels-Chance. Nicht alle Hinweise führen letztendlich zu einem Einstieg. Angesichts von rund 200 Titeln, die wir in Echtzeit täglich screenen, sollten sich aber zeitnah weitere Chancen ergeben.

ALLES STEHT UND FÄLLT MIT DEM RISIKOMANAGEMENT

Selbstverständlich kann es im Nachhinein mitunter sinnvoll erscheinen, wenn man eine Position gehalten hätte, weil diese sich tatsächlich wieder erholt hat. Da Prognosen aber grundsätzlich schwer sind, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen (Mark Twain), ist es oft Glückssache richtig zu entscheiden, welche Positionen im Depot bleiben und welche nicht. Oft wird diese Entscheidung gar nicht getroffen und es werden einfach nahezu alle Positionen gehalten und ausgesessen.

Damit ergibt man sich dem „Wellengang“ der Märkte. Mit hochgerissenen Armen und herniederregnenden Geldscheinen auf jedem Wellengipfel, gelangweilt bei glatter See und frustriert und abgesoffen in jedem Wellental. Das ist – wir werden nicht müde das immer wieder zu erwähnen – nicht unser Ziel.

Gerade in volatilen Märkten sind Vorsicht, Augenmaß und Kapitalerhalt wichtig. Dafür wollen wir mit unserem wikifolio-Musterdepot auch weiterhin stehen. Also: Keine Angst vorm Bären. Uns beißt der so schnell nicht!

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