Auf der Suche nach geeigneten Optionsscheinen ist nicht nur der Blick auf die implizite Volatilität wichtig. Auch der Spread ist entscheidend.
In stark volatilen Märkten, wie wir sie in den letzen Wochen erlebt haben, steigt nicht nur die implizite Volatilität. Auch der Spread, also der Unterschied zwischen dem Kaufpreis und dem Verkaufspreis wird von der Unsicherheit an den Märkten nach oben getrieben.
Lassen wir einmal die große Vielfalt an derivativen Produkten außer acht und konzentrieren wir uns auf die Basisinstrumente des Derivatehandels. Insbesondere die privaten Anleger teilen sich hier in zwei Lager: Die Optionsschein-Händler und die Options-Händler.
Zwei der vermeintlichen Gründe, warum Options-Händler von Optionsscheinen abraten, sind die Kursstellung und der Spread. Hierzu muss man folgendes wissen: Die Kurse von Optionsscheinen werden immer vom Emittenten, das ist im Normalfall eine Bank, gestellt. Der Emittent ist also Herr über die Kurse und den Spread. Es findet keine Preisfindung am Markt statt. Der Emittent verdient immer mit und kann, wenn er möchte, die Kurse manipulieren oder die Kursstellung aussetzen. Bei Optionen ist das anders. Optionen werden an der Börse gehandelt. Einen Emittenten gibt es nicht. Eine Option ist ein Vertrag, der zwischen zwei Parteien, dem Verkäufer und dem Käufer, geschlossen wird. Keine Bank verdient daran und die Preisfindung regelt der Markt. Das hört sich doch alles viel besser an, als bei den Optionsscheinen. Ist das wirklich so?
Das Erlebte der letzen Jahre hat vor allem bei einer großen Zahl von privaten Anlegern für eine Abneigung gegen die Banken gesorgt. Wir Menschen neigen häufig dazu, anderen weniger zu gönnen als uns selbst. Insbesondere dann, wenn wir uns übervorteilt fühlen. Warum sollen wir uns dem Wohlwollen der Banken ausliefern und diese auch noch an unseren Geschäften verdienen lassen, wenn wir das auch alles selber machen können?
Die Antwort ist einfach: Weil die Banken das oft besser können!
Wenn es darum geht, mit dem Handel von Derivaten Geld zu verdienen, sollten wir unsere Emotionen in den Hintergrund stellen und auf die Fakten schauen. Also lassen Sie uns einen Schritt zurück treten, sodass wir die Gesamtlage überblicken können. Es ist richtig, dass die Emittenten am Handel mit Optionsscheinen verdienen. Das muss auch so sein. Im Gegenzug stellen sie eine Vielzahl unterschiedlicher Optionsscheine zur Verfügung, die das standardisierte Angebot an börsengehandelten Optionen deutlich übersteigt. Je breiter das Angebot, umso besser lassen sich für den Käufer eigene Strategien justieren.
Es ist auch richtig, dass Emittenten nach Gutdünken Kurse stellen können, die sie für angemessen halten. Die Options-Händler weisen an dieser Stelle gerne auf den Vorteil der fairen Preisfindung am Markt für Optionen hin. Wenn wir uns die Situation aus der Distanz anschauen, stellen wir fest, dass auch für Emittenten das Gesetzt von Angebot und Nachfrage gilt. Das bezieht sich zwar nicht direkt auf die Preisfindung bei Optionsscheinen aber es spielt eine große Rolle bei der Qualität der Dienstleistung eines Emittenten. Stellen Sie sich einmal die Frage, ob Sie mit einem Partner arbeiten würden, der immer unfaire Kurse stellt, die Kursstellung regelmäßig aussetzt und auch noch durch hohe Spreads auffällt. Die Antwort liegt auf der Hand. Für eine derart schlechte Dienstleistung besteht keine Nachfrage. Dieser Emittent würde also kein Geld verdienen. Auch wenn die Emittenten die Hoheit über die Kurse der Optionsscheine haben, müssen sie für faire Kurse sorgen, wenn sie in diesem Markt erfolgreich sein wollen.
Zur regulierten Börse, die den Handel mit Optionen ohne die Teilnahme von Emittenten ermöglicht, gibt es keine Alternativen. Optionsscheine hingegen werden von zahlreichen Emittenten angeboten. Der Wettbewerb ist hier sehr groß. Kennen Sie den Spruch „Konkurrenz belebt das Geschäft“? Jeder Emittent möchte seine Optionsscheine verkaufen. Je besser und je breiter das Angebot, umso höher der Umsatz.
Das Bild zu diesem Artikel zeigt Ihnen eine Auflistung von Optionen und Optionsscheinen mit Fälligkeit im September 2020 und Ausübungspreisen zwischen 10.000 und 11.000 Euro, jeweils als Put und als Call. Entscheidend ist die rechte Spalte der Tabelle. Hier sehen Sie den Spread, also den Unterschied zwischen dem Kaufpreis und dem Verkaufspreis. Für die erste Option in der Liste zahlen Sie bei Kauf 1.158 Euro. Würden Sie sie sofort wieder verkaufen, erhielten Sie 1.128 Euro. Der Spread beträgt 2,66 %! In der unteren Hälfte der Tabelle sehen Sie vergleichbare Optionsscheine. Das Pendant zu der bereits genannten Option ist der erste der Optionsscheine in der Liste. Er weist einen Spread von lediglich 0,17 % auf.
Im Internet wird häufig das Mantra „Optionen sind fairer als Optionsscheine“ ausgerufen. Wer dem blindlings folgt, ohne die Hintergründe zu prüfen, wer meint, die Banken außen vor zu lassen ist wichtiger, als sich der vielfältigen Produkte eines professionellen Anbieters zu bedienen und wer dem Emittenten die Entlohnung seiner Arbeit nicht gönnt, der bezahlt „unter Seinesgleichen“ an der Börse 2,66 % Spread. Wer etwas über den Tellerrand hinaus blickt, sich von seinen Emotionen befreit und einfach nur die beste Möglichkeit für sich nutzt, bezahlt nur 0,17 % Spread.