Wohin geht die Reise?

Die beiden Spatzen in unserem Beitragsbild drücken visuell das aus, was wohl den einen oder anderen aktiven Teilnehmer am Kapitalmarkt momentan beschäftigt: Zum einen die Frage wohin die Reise geht, zum anderen die Feststellung, dass es mit Blick auf die linke, mit Kursen gefüllte Seite des Charts, leicht ist „schlau daher zu zwitschern“, während der Blick auf die rechte, leere Seite einige Fragen aufwirft.

ANTIZIPIEREN FÄLLT SCHWER

In „normalen“ Märkten kann man aus dem historischen Verlauf der Kurse oft eine wahrscheinliche Entwicklung in der Zukunft ableiten. Dank hunderter Bücher zum Thema Charttechnik und der daraus entstandenen, etablierten Sichtweise, stellt die Charttechnik eine sich selbst erfüllende Prophezeiung dar. Wenn alle Marktteilnehmer im selben Moment nach dem „erlernten“ Muster vorgehen, passiert genau das, was man erwartet hat.

Selbstverständlich ist das etwas zu kurz gesprungen, da jederzeit weitere wichtige Faktoren eine Rolle spielen. Ob das fundamentale Unternehmensdaten, Analysen, das konjunkturelle Umfeld oder auch antizyklische Marktteilnehmer sind, sei einmal dahingestellt. Wer schon viele Jahre Charts beobachtet und parallel dazu das Umfeld betrachtet, hat bei dem Antizipieren der möglichen Bewegung auf der rechten Seite des Charts fast immer die Wahrscheinlichkeit auf seiner Seite.

AUSNAHMEZUSTAND

Wer jetzt denkt „Merken die das jetzt erst?“, den können wir beruhigen. Seit Monaten ist klar, dass wir uns in einem Ausnahmezustand bewegen. Nicht zuletzt deshalb agieren wir in unserem wikifolio-Musterdepot schon seit geraumer Zeit äußerst umsichtig und halten die Risiken überschaubar.

Nahezu jedes Ereignis der letzten Monate hätte in vergangenen Zeiten selbst isoliert betrachtet das Potential gehabt, den Märkten nachhaltigen Schaden zuzufügen. Statt dessen haben wir V-förmige Erholungen und ungebremsten Optimismus gesehen. Warten wir mal ab, wie lange dieser noch anhält.

Hinzu kommt in der aktuellen Berichtssaison ein oft atypisches Verhalten der Marktteilnehmer. Gute Ergebnisse werden teilweise mit massiven Abverkäufen bestraft, während schlechte Ergebnisse zu Käufen motivieren. Das alles ist keine Neuheit und kam auch in der Vergangenheit immer mal wieder vor. Die Begriffe hierfür sind „Sell the news“ und „Buy the dip“. Neu ist allerdings die Häufigkeit dieser Ereignisse und vor allem die nahezu unmögliche Einschätzung, ob dies eintritt, ob gar nichts passiert oder ob das Gegenteil passiert. Und wenn, was auch immer passiert, schließt sich Frage an ob die Marktteilnehmer eine Richtung bevorzugen oder ob der Kurs wenige Tage später schon wieder einen Haken schlägt. Wer hier im Markt ist braucht schon etwas Glück. Und Glück, das wissen Sie, ist keine Variable in unserer Formel. Immer dann, wenn Glück erforderlich wird, halten wir uns raus.

WAS BRINGT UNS UND IHNEN DIESE ERKENNTNIS?

Wir machen das nicht erst seit gestern und wir sind auch nicht besonders überrascht. Es gibt Gründe dafür, dass im Moment genau das passiert, was wir jeden Tag sehen. Diese Gründe zu kennen, hilft leider nur bedingt bei der Entscheidung für die eine oder andere Position. Es hilft aber dabei die Risiken klein zu halten und nicht Hals über Kopf auf eine falsche Entwicklung zu setzen. So schaffen wir es unser wikifolio-Musterdepot aktuell bei leichten Verlusten recht stabil zu halten, während die Kurse anderer wikifolios munter um uns herumtanzen, frei nach dem Motto „Wie heute gewonnen, so morgen zerronnen!“. Dieses Wechselbad der Gefühle möchten wir Ihnen nicht zumuten.

Mittelfristige Positionen werden im Moment eher nicht aufgebaut, da nur sehr schwer eine Einschätzung darüber getroffen werden kann, wo die möglichen Investments in ein paar Wochen oder gar in ein paar Monaten stehen können.

Die kurzfristigen Positionen basieren selbstverständlich auf einer geeigneten Einschätzung, die Garantie auf einen Erfolg gibt es aber auch hier nicht. Da wir hier bewusst auf Turbo-Optionsscheine setzen, kommt es auch immer wieder mal zu einem Knock-Out. Auch wenn dieses Ereignis von Natur aus unbefriedigend ist, so dient es trotzdem der strikten Risikokontrolle. Wie bereits in anderen Beiträgen beschrieben, nutzen wir hier teilweise sehr hoch gehebelte Derivate, investieren aber in jede Position nur eine „homöopathische Dosis“ unseres liquiden Kapitals. Demzufolge bleibt der liquide Anteil unseres wikifolios  sehr hoch und der Knock-Out verursacht keinen signifikanten Schaden.

Die momentan weit unter Wasser stehenden offenen Optionsschein-Positionen werden wir vorerst halten. Diese haben aktuell noch einen Restwert von etwa 0,4 Prozent des Depotwertes. Salopp gesagt: Darauf kommt es jetzt nicht mehr an. Wir erhalten uns aber bis zum Ende der Laufzeit der Optionsscheine die Möglichkeit auf Besserung.

WIR MACHEN WEITER!

Wir werden weiterhin konsequent nach Chancen im kurzfristigen Bereich suchen. Das Screening wirft nach wie vor täglich mögliche Einstiege aus. Diese müssen momentan allerdings etwas intensiver und im Kontext zu den oben beschriebenen Faktoren und der teilweise massiven Irrationalität des Marktes betrachtet werden.

Wir versuchen weiterhin die rechte Seite des Charts gedanklich zu füllen. Und wenn es wieder mal etwas Wichtiges zu „zwitschern“ gibt, halten wir sie hier wie gewohnt auf dem Laufenden.

Die Bären sind los!

Bei der heutigen Suche nach einem geeigneten und thematisch passenden Bild zu diesem Beitrag ist mir eines aufgefallen: Es gibt fast nur positive Bilder mit lachenden Menschen, die vor Glück die Arme hochreißen, während es Geldscheine regnet. Was soll uns das suggerieren? Handle mit Aktien und du wirst automatisch reich! Dass diese Aussage mehr mit Marketing als mit der Realität zu tun hat, beweist uns ein Tag wie heute.

ANGST VORM BÖSEN BÄR?

Der Bär steht ja bekanntlich für fallende Kurse und Verluste. Wer allerdings mit einem strikten Risikomanagement arbeitet, braucht vor solchen Situationen keine Angst haben. Unseren Artikel schmückt deshalb heute auch nicht etwa ein bedrohlicher, zähnefletschender Bär, sondern ein knuddeliger Kuschelbär!

RISIKOMANAGEMENT IN AKTION

Wie Sie sicher schon festgestellt haben, berichten wir gerne aus der Praxis. Das heißt, dass wir unsere strategische Arbeitsweise nicht nur im theoretischen Konjunktiv beschreiben, sondern mit tatsächlich gehandelten Positionen erläutern.

Seit Wochen schwelt der Ukraine-Konflikt. Ob es dort tatsächlich zum Krieg kommt, welches Ausmaß dieser annehmen wird und welche Auswirkungen das auf die Kapitalmärkte hat, musste und muss von Tag zu Tag neu bewertet werden. Nur selten halten sich solche Ereignisse an die Handelszeiten der Börsen. Und so kommt es, dass man sich am nächsten Tag plötzlich in einer stark veränderten Lage befindet – oft einhergehend mit massiven Kurseinbrüchen und Verlusten.

Gestern haben wir uns entschieden insgesamt sieben Call-Positionen zu eröffnen. Mit Blick auf die aktuellen Unwägbarkeiten wurden drei dieser Positionen bereits gestern wieder glattgestellt, vier blieben mit einer glasklaren Risikokalkulation im Depot. Alle Positionen waren Turbo-Optionsscheine (Knock-Out-Optionsscheine) auf Aktien.

In der obenstehenden Grafik sehen Sie den Verlauf der Glattstellungen von unten nach oben. Aufgebaut wurden die Positionen kurz nach Markteröffnung. Gegen Mittag konnten zwei Positionen im Gewinn geschlossen werden. Gegen Nachmittag fing der Markt an zu schwächeln und eine dritte Position wurde im Verlust glattgestellt, bevor diese noch mehr Ungemach verursachen konnte. Diese drei Positionen sind Bestandteil eines Intraday-Handelsansatzes. Vereinfacht beschrieben soll hier eine Bewegung des Basiswertes für den Einstieg genutzt werden. Die Glattstellung soll anschließend an vorher festgelegten Zielmarken oder bei Eintreten von Schwäche erfolgen.

Das Entscheidende bei diesem sehr kurzfristigen Ansatz sind das Risikomanagement und die Erfolgsquote. Pro Position wird im Normalfall etwa 0,1 Prozent des Depotkapitals eingesetzt. Durch die Knock-Out-Schwelle des Turbo-Optionsscheins lässt sich dieses Risiko in Stein meißeln. Wir nehmen 0,1 Prozent des Depotwertes und teilen diesen durch die aktuelle Optionsscheinprämie. Das Ergebnis ist die zu kaufende Stückzahl der Turbo-Optionsscheine. Da diese im Falle eines Fehlschlages schlimmstenfalls wertlos werden können, ist das Risiko absolut sicher auf den Verlust der Anschaffungskosten, in diesem Fall die 0,1 Prozent des Depotwertes, begrenzt.

Die drei zunächst glattgestellten Positionen haben in Summe zwar keinen allzu großen Gewinn erwirtschaftet, boten aber die Chance auf mehr, wenn sich die Bewegung zunächst fortgesetzt hätte. Diesen Gefallen tat uns der Markt nicht, deshalb wurde die dritte Position konsequent aus dem Markt genommen.

VIER MAL K.O. – NA UND?

Die vier Positionen, die wir haben stehen lassen, folgen einem anderen Handelsansatz, der auf mehre Tage bis hin zu etwa zwei Wochen ausgerichtet ist. Die Investition in diese Art Positionen kann zwischen etwa 0,1 Prozent und 0,5 Prozent des Depotkapitals schwanken. In „normalen“ Märkten sind sowohl die Häufigkeit wie auch das Risiko oft geringer. In volatilen Märkten kommt es zu häufigeren Signalen und das Risiko kann höher sein.

Der Vorteil bei häufigeren Signalen ist, dass man die „Eier auf mehrere Körbe verteilen kann“. Diese Diversifikation allein reduziert oft schon das Risiko. Eine weitere Risikoreduzierung erfolgt dadurch, dass die Positionsgröße reduziert wird, in diesem Fall Richtung unteres Ende der Skala, also Richtung 0,1 Prozent des Depotwertes.

Sollte dann, wie aktuell geschehen, der Fall eintreten, dass trotz Diversifikation, durch eine übergeordnete Marktbewegung, alle Positionen das Schicksal des Knock-Outs ereilt, kann man trotzdem noch lächeln.

WARUM SIND IN VOLATILEN MARKTPHASEN TURBO-OPTIONSSCHEINE DIE BESSERE WAHL?

Ganz einfach: Weil sich mit Turbo-Optionsscheinen, wie oben schon erwähnt, Risiken klar begrenzen lassen.

Das obenstehende Bild ermöglicht einen Vergleich zwischen einem klassischen Aktieninvestment und einem Investment in Turbo-Optionsscheine. Es handelt sich auch hier selbstverständlich wieder um eine in unserem wikifolio-Musterdepot gehandelte Position. Der Chart zeigt den Kursverlauf von Infineon. Diese Position war die erste, die es heute „erwischt“ hat.

Der letzte blaue Pfeil rechts im Chart kennzeichnet die Initialkerze, die als Grundlage für den Einstieg am 23. Februar diente. Der Einstieg fand zu einem Kurs des Basiswerte von 30,92 Euro statt. Das Ziel lag etwa bei 31,82 Euro, die Knock-Out-Schwelle bei 29,30 Euro.

Bei dem aktuellen Stand des Musterdepots entspricht ein Investment von 0,1 Prozent des Depotwertes etwa einem Betrag von 100 Euro. Dieser Betrag ist die einzig wichtige Größe! Ein gutes wikifolio definiert sich nicht allein durch die Performance, sondern auch durch Risikomanagement – insbesondere in unruhigen Marktphasen.

Unser Investment ist also bis zum Knock-Out auf einen Verlust von rund 100 Euro begrenzt. Bei Erreichen des angedachten Zieles wäre ein Gewinn von etwa 55 Euro zu verbuchen gewesen. Das Chance-Risiko-Profil ist in diesem Fall negativ. Das ist aber nicht weiter dramatisch, da es auch andere Positionen gibt, bei denen es deutlich positiv ist. Im Rahmen einer Mittelung und einer dem Markt angepassten Positionsgröße fällt ein negatives Chance-Risiko-Profil nicht weiter ins Gewicht.

Fakt ist: Der Basiswert eröffnete mit einer Kurslücke unterhalb der Knock-Out-Schwelle und die Prämie war verloren. Was wäre bei einem Aktieninvestment passiert? Ein kalkuliertes Risiko von 100 Euro hätte bei einer Kursdifferenz zwischen dem Einstiegspreis von 30,92 Euro und dem dann bei 29,30 Euro zu setzenden Stopp-Loss den Kauf von 61 Aktien erfordert.

100 € / (30,92 € – 29,30 €) = 61,73

Diese 61 Aktien hätten bei einem Kaufpreis von 30,92 Euro pro Stück etwa 1.886 Euro Kapital gebunden. Sofern ausreichend Liquidität vorhanden ist, ist das kein Problem. Was aber zum Problem werden kann, ist eine Markteröffnung am Folgetag unterhalb des gesetzten Stopp-Losses. Im wikifolio-Musterdepot gibt es zwei Möglichkeiten mit solchen Situationen umzugehen:

  • Es wird eine Stopp-Loss-Order in den Markt gegeben, die die Position zum nächstmöglichen Kurs glattstellt, sofern dieser Kurs unter dem gesetzten Stopp-Loss liegt. Liegt der Kurs durch eine Abwärts-Kurslücke tief unter dem Stopp-Loss, wird der Verlust deutlich höher ausfallen als beabsichtigt. Das Risikomanagement funktioniert nicht!

  • Es wird eine Stopp-Loss-Order in den Markt gegeben, die die Position nur dann glattstellt, wenn der festgestellte Kurs innerhalb eines definierten Bereiches liegt.

    Ein Beispiel:
    Die Aktie notiert bei 100 Euro. Eigentlich soll die Position bei 90 Euro mittels Stopp-Loss glattgestellt werden. Da der Händler Angst davor hat, dass die Aktie vielleicht bei 80 Euro öffnet und sein Risikomanagement „für die Tonne“ ist, entscheidet er sich die Position nur dann zu schließen, wenn der Kurs zwischen 90 Euro und 85 Euro liegt.

    Wird bei Markeröffnung ein erster Preis von zum Beispiel 70 Euro aufgerufen, wird die Stopp-Loss-Oder nicht ausgeführt und die Position bleibt im Markt – mit einem Buchverlust von 30 Prozent. Und selbstverständlich mit der Hoffnung, dass sie sich wieder erholt. Und nicht selten mit dem Ergebnis, dass sie noch weiter fällt.

 

Sie merken es vermutlich selbst: Die erste Option ist unsicher und die zweite ist unsinnig. Das hat mit Risikomanagement nichts, aber auch gar nichts, zu tun und führt oft in Drawdowns jenseits der 20 Prozent.

Was aber wäre in unserem konkreten Fall passiert, wenn wir uns für ein Aktieninvestment mit einem Stopp-Loss anstatt zu einem Investment in Turbo-Optionsscheine entschieden hätten? Die Position wäre zum ersten verfügbaren Kurs bei 28,23 Euro glattgestellt worden. Pro Aktie hätte dies einen Verlust von 2,09 Euro verursacht. In Summe hätte die Aktien-Position also rund 127 Euro eingebüßt – und damit rund 27 Prozent mehr Verlust erwirtschaftet als die Turbo-Optionsscheine. Je tiefer der Eröffnungskurs unter dem Stopp-Loss liegt, umso größer ist der unvorhersehbare Verlust bei einer Glattstellung einer Aktien-Position im Rahmen einer Kurslücke nach unten.

Zurück zu unseren Turbo-Optionsscheinen: Die sieben aufgezeigten Positionen haben in Summe einen Verlust von rund 0,38 Prozent bezogen auf das Depotkapital verursacht. Vielleicht dreht morgen wieder alles nach oben und wir stellen fest, dass alle Positionen wieder im Gewinn stehen würden. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Egal wohin die Reise geht, wir finden schon wieder Einstiege. Schauen Sie einfach nochmal auf den Chart oben im Beitrag. Zählen sie mal die Pfeile. Jeder dieser Pfeile ist ein Hinweis unseres Screeners auf eine Handels-Chance. Nicht alle Hinweise führen letztendlich zu einem Einstieg. Angesichts von rund 200 Titeln, die wir in Echtzeit täglich screenen, sollten sich aber zeitnah weitere Chancen ergeben.

ALLES STEHT UND FÄLLT MIT DEM RISIKOMANAGEMENT

Selbstverständlich kann es im Nachhinein mitunter sinnvoll erscheinen, wenn man eine Position gehalten hätte, weil diese sich tatsächlich wieder erholt hat. Da Prognosen aber grundsätzlich schwer sind, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen (Mark Twain), ist es oft Glückssache richtig zu entscheiden, welche Positionen im Depot bleiben und welche nicht. Oft wird diese Entscheidung gar nicht getroffen und es werden einfach nahezu alle Positionen gehalten und ausgesessen.

Damit ergibt man sich dem „Wellengang“ der Märkte. Mit hochgerissenen Armen und herniederregnenden Geldscheinen auf jedem Wellengipfel, gelangweilt bei glatter See und frustriert und abgesoffen in jedem Wellental. Das ist – wir werden nicht müde das immer wieder zu erwähnen – nicht unser Ziel.

Gerade in volatilen Märkten sind Vorsicht, Augenmaß und Kapitalerhalt wichtig. Dafür wollen wir mit unserem wikifolio-Musterdepot auch weiterhin stehen. Also: Keine Angst vorm Bären. Uns beißt der so schnell nicht!

Kleinvieh macht auch Mist!

In unserem letzten Artikel berichteten wir darüber, dass wir während der aktuell unsicheren Marktphase das „große Investment“ sehr skeptisch betrachten und momentan eher vermeiden. Zu groß ist hier das Risiko eines deutlichen Rücksetzers. Stattdessen wollen wir mit kleinen, gehebelten Positionen die Performance aufbessern. Wie das funktioniert, erfahren Sie in diesem Beitrag.

MARKT-SCREENING

Allem voran steht die permanente Beobachtung der Märkte. Insbesondere behalten wir hier Deutsche und Europäische Aktien im Auge. Der Grund für diese Auswahl ist einfach. Erstens kennen wir uns in unserer Heimat am besten aus und zweitens liegt für diese Titel eine hohe Informationsdichte vor. Beides ist von elementarer Bedeutung, wenn schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen.

Hinzu kommt, dass wir, bedingt durch den Einsatz von Optionsscheinen, durch wikifolio teils recht stark limitiert werden. Für den Deutschen und den Europäischen Markt gibt es allerdings meistens eine für uns ausreichende Auswahl an Call- und Put-Optionsscheinen.

Unser Screening folg einem regelbasierten Ansatz. Der Vorteil eines solchen Ansatzes liegt einerseits in der Reproduzierbarkeit von geeigneten Handels-Chancen und andererseits in der dadurch bedingten geringeren Erfordernis intensiver Recherche. Dies führt zu immer gleichen- oder zumindest sehr ähnlichen – Abläufen. Und das wiederum schafft die Möglichkeit einen Erwartungswert zu ermitteln. Es handelt sich hier also um einen sehr technischen Ansatz, der wenig zu tun hat mit den üblichen Überlegungen, die bei der Entscheidungsfindung für ein mittelfristiges Investment angestellt werden müssen.

AUGEN AUF!

Ganz so einfach, wie sich es anhören mag, ist es dann aber doch nicht. Selbstverständlich bietet das Screening nur ein Initial. Stellen Sie sich das so vor, als wenn Sie auf einer Nebenstraße auf eine Kreuzung zufahren, an der die Ampel ausgefallen ist und deshalb nur gelb blinkt. Sie sehen, dass es etwas zu beachten gibt. Ob, bzw. wann Sie die Kreuzung überqueren, entscheiden Sie aber erst, nachdem Sie nach rechts und links geschaut haben. Diese Analogie passt ganz gut. Denn wenn die zu überquerende und vorfahrtberechtigte Straße stark befahren und auch noch mehrspurig ist, dann sollten Sie einschätzen können, wie schnell der Querverkehr ist und ob Sie wirklich auch alle Fahrzeuge sehen. Um wieder den Bogen zu schlagen: Sie müssen die Titel, die Volatilität und den Markt kennen. Ist das nicht der Fall, kann „der Mut zur Lücke“ schnell mit einem Unfall enden.

UND WENN´S DOCH MAL KRACHT?

Auch darauf sind wir vorbereitet. Unser Airbag ist unser Risikomanagement. In den meisten Fällen „erwischen wir die Lücke“ und können unsere Position zeitnah mit Gewinn ausbuchen. Sollte das nicht funktionieren, weil unsere Einschätzung falsch war, läuft die Position in den geplanten Verlust. Die Höhe dieses Verlusts wird schon beim Öffnen der Position klar definiert.

Erreicht wird das durch den Einsatz möglichst hoch gehebelter Turbo-Optionsscheine. Risikomanagement und hoher Hebel? Wie passt das zusammen? Uns ist bewusst, dass die Lehrmeinung immer davon ausgeht, dass hoch gehebelte Turbo-Optionsscheine geradezu ein Teufelszeug sind und früher oder später jedes Depot zugrunde richten. Wir können Sie beruhigen: Diese unvollständige Aussage ist Unsinn! Richtig ist, dass ein hoch gehebelter Turbo-Optionsschein selbstverständlich ein um den Hebel höheres Risiko hat als der Basiswert, der diesem Turbo-Optionsschein zugrunde liegt.

Ein Beispiel:
Bei einem Turbo-Optionsschein, auch Knock-Out-Optionsschein genannt, der über einen Hebel 100 verfügt, reicht eine Bewegung des Basiswertes in Höhe von einem Prozent aus, um den Wert des Turbo-Optionsscheins zu verdoppeln oder um ihn in den KO zu treiben und wertlos zu machen. Die Spread-Kosten lassen wir bei dieser Betrachtung der Einfachheit halber unberücksichtigt.

Wenn Sie also Ihr gesamtes Depotkapital in einen solchen Turbo-Optionsschein investieren, dann ist es richtig, dass Sie vielleicht innerhalb weniger Stunden oder Minuten Ihr gesamtes Depot vernichtet haben.

Das Risikomanagement besteht also darin die richtige Positionsgröße zu wählen. Wenn Sie nicht Ihr gesamtes Depotkapital in diesen Turbo-Optionsschein investieren, sondern nur ein Prozent Ihres Depotkapital, verlieren Sie auch maximal nur ein Prozent. Der große Vorteil von Turbo-Optionsscheinen ist, dass sie nicht mehr als ihren Wert verlieren können. Halten Sie eine Position über Nacht und der Kurs des Basiswertes öffnet mit einer Kurslücke von beispielsweise fünf Prozent, wird der Turbo-Optionsschein ausgeknockt und sie verlieren trotzdem niemals mehr als Ihren ursprünglichen Einsatz!

UNSER RISIKOMANAGEMENT

Wir sind sogar noch deutlich vorsichtiger, als in dem Beispiel beschrieben. Wenn wir einen Turbo-Optionsschein auf eine Aktie für den kurzfristigen Einsatz kaufen, investieren wir im Normalfall etwa 0,1 Prozent des Depotwertes.

Der Hebel kann variieren. Je enger die Knock-Out-Barriere am aktuellen Kurs des Basiswertes liegt, umso höher ist der Hebel. Und umso geringer muss die Bewegung des Basiswertes ausfallen, um den Turbo-Optionsschein entweder wertlos oder wertvoll zu machen. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Volatilität des Basiswertes zu kennen. Eine zu nah liegende Knock-Out-Barriere lässt dem Basiswert zu wenig Raum für seine übliche Schwankungsbreite. Deshalb nochmal der Hinweis: Man sollte den Basiswert kennen, wissen, was ihn gerade antreibt und wissen, welchen Spielraum er benötigt. Zeit für aufwendige Recherchen gibt es nicht, wenn derart kleine, temporär begrenzte Bewegungen genutzt werden sollen.

Gewöhnlich sollte die Haltedauer zwischen einigen Stunden und wenigen Tagen liegen. Das Initial, welches unser Markt-Screening liefert, ist nach einer gewissen Zeit „verpufft“. Ab diesem Zeitpunkt würde nur noch das „Prinzip Hoffnung“ gelten. Wir haben das auch schon an anderer Stelle erwähnt: Wir hoffen nicht, wir planen! Und wenn ein Plan nicht aufgeht, wird irgendwann die Reißleine gezogen.

Oft werden Sie auch feststellen können, dass aus einer Position, gerade aufgrund des Hebels, noch deutlich mehr herauszuholen gewesen wäre. Ebenso wären aber Positionen, die temporär gut im Gewinn standen, zum Verlust geworden, wenn man sie im Markt gelassen hätte. Wichtig sind hier ein waches Auge und die Freude an der Entscheidung. Abgerechnet wird in Summe, nicht in einzelnen Positionen.

WIR REDEN NICHT NUR, WIR HANDELN AUCH!

Das untenstehende Bild zeigt drei Positionen, die entsprechend der oben beschriebenen Strategie gehandelt wurden. Die Haltedauer beträgt wenige Stunden bis zwei Tage. Wenn Sie die Performance betrachten, wundern Sie sich bitte nicht über die dort genannten Werte. Es handelt sich hier um Turbo-Optionsscheine mit einem ursprünglichen Hebel von knapp über 10. Die Turbo-Optionsscheine entwickeln sich also rund um das 10-fache stärker als die zugrundeliegenden Basiswerte. Da wir uns in dem aktuellen Marktumfeld auf der Put-Seite wohler fühlen, haben wir bei allen drei Titeln auf fallende Kurse gesetzt.

Hier wurde exakt das oben beschriebene Risikoprofil angewendet. Die Positionen wurden am heutigen Freitag glattgestellt, um sie nicht über das Wochenende halten zu müssen. Der Zeitpunkt der Glattstellung lag im vorbörslichen US-Handel. Auch dieser Zeitpunkt wurde bewusst gewählt, da es durch die US-Börsen durchaus noch zu weiteren Kursausschlägen kommen kann, die sich sowohl positiv als auch negativ auswirken können. Hinzukommt, dass heute ein Kleiner Verfallstag war, an dem Optionen auf Aktien und Indizes verfallen, was ebenfalls zu überraschenden Kursbewegungen führen kann.

Wir haben Vorsicht walten lassen und die Positionen mit einem Gewinn von in Summe etwa 0,1 Prozent bezogen auf das Depotkapital aus dem Markt genommen. Das Gesamtrisiko der drei Positionen lag maximal und absolut sicher bei etwa 0,3 Prozent.

Hätten wir die Position noch bis in den US-Handel hinein gehalten, wäre das Ergebnis noch besser ausgefallen. Entgegen dem üblichen Mantra „Verluste begrenzen, Gewinne laufen lassen“, gilt es bei dieser Teilstrategie Gewinne zügig zu realisieren – unabhängig davon, ob später der Gewinn vielleicht hätte höher sein können. Wir nutzen das Initial unseres Screenings, welches den Basiswerten oft etwas „Anschub“ in die richtige Richtung gibt. Wird der Ausstieg verpasst, kann eine Kurswende in die Knock-Out-Barriere führen und somit zum unwiederbringlichen Verlust des Einsatzes. Bei einem negativen Chance-Risiko-Profil und bei einer gleichzeitig erhöhten Wahrscheinlichkeit für die antizipierte Bewegung des Basiswertes, darf nicht gezögert werden Gewinne zu realisieren.

Eine Performance von 0,1 Prozent hört sich nicht nach besonders viel an. Zehn mal 0,1 Prozent sind aber auch 1 Prozent. Diese Strategie ist also eine sinnvolle Beimischung zu unserem Depot – vor allem in Zeiten fallender, stagnierender oder unsicherer Märke.

FAZIT
  • Turbo-Optionsscheine mit Knock-Out-Barriere eignen sich hervorragend zur Risikobegrenzung.
  • Dank der Hebelwirkung kann auch von kleinen Bewegungen profitiert werden.
  • Unser selbst entwickeltes Markt-Screening liefert uns nahezu täglich mögliche Handelschancen, sowohl in steigenden wie auch in fallenden Märkten.
  • Die Entscheidungen werden mit Bedacht in einem vertrauten Markt, mit vertrauten Basiswerten getroffen.
  • Das Risiko einer Einzelposition für diesen Teil unserer Strategie liegt in den meisten Fällen bei etwa 0,1 Prozent des Depotwertes. Fallen 10 dieser Positionen, warum auch immer, zeitgleich oder im Rahmen einer „schwarzen Serie“ nacheinander aus, ist der Verlust aus diesen Positionen auf etwa ein Prozent des Depotwertes begrenzt.

Wir machen unser Depot krisenfest!

In den vergangenen Wochen waren wir etwas „schreibfaul“. Viel zu schreiben gab es aber auch nicht, da es nicht unser Anspruch ist, an dieser Stelle noch einmal alles das aufzuwärmen, was im Blätterwald der einschlägigen Finanzmedien oder in deren Online-Portalen ohnehin täglich berichtet wird. Heute greifen wir mal wieder zur Tastatur, weil wir Sie an unseren Gedanken zur Risikobegrenzung und zur zukünftigen Handelsaktivität in unserem wikifolio-Musterdepot teilhaben lassen möchten.

Die Rahmenbedingungen sind schnell umrissen:
Hohe Inflation, angekündigte Zinsschritte – vor allem in den USA, Tapering, Bilanzverkürzungen der Notenbanken, steigende Anleiherenditen, Gefahr einer inversen Zinsstrukturkurve, hohe Energiepreise, Lieferengpässe und die Ukrainekrise. In Summe zerren hier mehrere Kräfte aus unterschiedlichen Richtungen an den Märkten.

EIN KLARES BILD?

Mitnichten. Um hier ein klares Bild zu bekommen, muss man oft um die Ecke denken. Das gilt nicht nur für einzelne Aktientitel, sondern insbesondere für die einzelnen Anlagekategorien. Um dem Namen unseres wikifolios gerecht zu werden, blicken wir hier neben Aktien auch auf Rohstoffe, Anleihen und unterschiedlichste ETFs.

Grob zusammengefasst lassen sich folgende Überlegungen anstellen: Ist es sinnvoll, sich derzeit eher in Aktien oder Rohstoffen zu positionieren? Und wenn ein Aktieninvestment sinnvoll erscheint, wo und bei welchen Instrumenten sollte dann der Schwerpunkt liegen?

Rohstoffe als sicherer Hafen?

Wenn es am Aktienmarkt zu Turbulenzen kommt, sind Rohstoffe oft eine gute Wahl. Vor allem dann, wenn angeschlagene Lieferketten, eingeschränkte Verfügbarkeit und große Nachfrage aufeinandertreffen. Aber Vorsicht: Auch Rohstoffpreise können nicht ins Unendliche steigen, da die Unternehmen, die diese Rohstoffe für ihre Produkte benötigen, die gestiegenen Kosten weitergeben müssen, um weiterhin Gewinne erzielen zu können. Gelingt dies nicht, kann es dazu kommen, dass Unternehmen den Einsatz der Rohstoffe zu reduzieren versuchen und die Produktion drosseln. Das ist zwar dem Aktienkurs des Unternehmens nicht unbedingt zuträglich, die sich dadurch verringernde Nachfrage nach einem Rohstoff kann sich aber auch negativ auf den Rohstoffpreis auswirken.

Ganz stark vereinfacht beschrieben: Werden Rohstoffe so teuer, dass kein Unternehmen sie mehr bezahlen kann, ohne tief in die roten Zahlen zu rutschen, wird die Produktion in den Unternehmen eingestellt und es werden keine Rohstoffe mehr benötigt. Keine Nachfrage nach Rohstoffen führt bei diesen zu einem Preisverfall. Wie gesagt, ganz vereinfacht dargestellt. Aber jeder von Ihnen wird sich bestimmt noch daran erinnern, dass es Erdöl vor nicht allzu langer Zeit sogar mal umsonst gab.

Es bleibt also festzuhalten, dass Rohstoffe zwar oft eine gute Alternative in Zeiten dynamischer Aktienmärkte sind. Eines gewissen Grundumsatzes innerhalb einer überwiegend gut laufenden und überwiegend sorglosen Konjunktur bedürfen sie aber dennoch. Zwar überraschen in der aktuellen Berichtssaison einige Unternehmen mit erstaunlich guten Zahlen und positiven Aussichten, aber das ist nur eine Momentaufnahme. Von der Sorglosigkeit sind wir weit entfernt.

WAs machen die Aktienmärkte?

Je nach Sektor zerren hier unterschiedliche Parameter an den Kursen. Auch hier formulieren wir wieder rudimentär: Zinserhöhungen sind einerseits gut für die Banken, andererseits aber schlecht für Unternehmen mit einem hohen Verschuldungsgrad. Hohe Energiepreise sind gut für die Energieproduzenten und die in diesem Segment tätigen Rohstoffproduzenten. Sie sind aber schlecht für alle Unternehmen, deren Produktion energieintensiv ist und die nicht in der Lage sind die höheren Beschaffungspreise durch Preiserhöhungen ihrer Produkte an ihre Abnehmer weiterzugeben. Wer mit offenen Augen nach Korrelationen sucht, wird noch einige weitere Beispiele finden, die dieser Logik folgen.

Oft gibt es auch noch ein Intermediär, zum Beispiel einen Rohstoff wie Aluminium. Die Herstellung ist zwar energieintensiv, der steigende Preis für den Rohstoff spielt die Kosten der Produktion aber wieder ein. Das Nachsehen hat am Ende der Fassadenbauer, der Flugzeugbauer oder der Getränkedosenhersteller – sofern er die Kosten nicht so einfach weitergeben kann.

Dann ist doch eigentlich alles klar oder?

Um es mit den Worten Atze Schröders zu sagen: „Janee…eben nicht“. Denn über allem steht die Frage, wie stark Zinserhöhungen die Konjunktur auf breiter Front abkühlen könnten. Und brandaktuell das Marktrisiko durch den Ukraine-Konflikt. Merken Sie übrigens was? Niemand spricht mehr über Corona! Lassen wir uns mal überraschen, wann zu diesem Thema „die nächste Sau durch´s Dorf getrieben“ wird.

Gibt es eine Erkenntnis daraus?

Ja. Kein Crash mit Cash! Da momentan ein beachtliches Marktrisiko bei steigender Volatilität vorherrscht, erscheint uns ein hoher Cash-Anteil im wikifolio als der vorerst beste Weg.

Volatilität ist gut, wenn sie innerhalb eines übergeordneten Trends entsteht. Innerhalb einiger Basiswerte gibt es auch noch diese Trends, die oft aufwärts zeigen. Das ist zwar einerseits „schön anzuschauen“, impliziert aber gleichzeitig auch ein möglicherweise signifikantes Rückschlagpotential. Wer hätte schon gedacht, dass Facebook (Meta) aus seiner Seitwärtsbewegung mal gerade 35 Prozent nach unten korrigiert.

Unser Handelsansatz basiert meistens auf dem Einsatz geeigneter Optionsscheine oder auf Turbo-Optionsscheinen für eine kurzfristige Haltedauer. Nicht immer lässt sich hier auf Anhieb ein passender Optionsschein finden. Da wir der Selbstreflexion fähig sind, muss der Vollständigkeit halber auch gesagt werden, dass der eine oder andere kurzfristige Einstieg in der Nachbetrachtung durchaus sinnvoll gewesen wäre, wie auch das eventuell längere Halten bestehender Positionen. Leider war unsere Glaskugel gerade zur Inspektion.

Doch im Ernst: In Summe sind wir überzeugt davon, in dieser Situation das Richtige zu tun. Wir haben in den vergangenen Tagen einige Positionen abgebaut, sowohl auf der Call-Seite, wie auch auf der Put-Seite. Wir folgen klaren Regeln. Wenn wir eine Position kurzfristig halten wollen, weil wir eine Gewinnchance innerhalb der nächsten Tage sehen, dann nehmen wir die Position auch kurzfristig aus dem Markt, wenn wir unsere initiale Erwartung erfüllt sehen oder wenn unsere Einschätzung falsch war. Wir sind mit keiner Position „verheiratet“. Ist der Impuls, der diese Position in die richtige Richtung geführt hat, aufgebraucht, ist die anschließende Bewegung nur noch ein Münzwurf.

Aktuell sind lediglich etwa 13 Prozent unsers wikifolio-Musterdepots investiert. Knapp ein Prozent ist in einem ETF investiert, der in europäische Aktien investiert. Erwähnenswert ist das deshalb, weil gerade dieses Segment im Falle einer Verschärfung der Ukraine-Krise besonders leiden könnte.  Etwa neun Prozent sind International über verschiedene Sektoren breit gestreut. Die Risiken dieser Investments sind von der europäischen Situation weitestgehend entkoppelt.

Durch die Glattstellung einiger Positionen im Bereich der Optionsscheine verbleibt hier ein Risiko von unter einem Prozent im Falle eines Totalverlustes. Die meisten Optionsscheine werden aber erst Ende des Jahres fällig. Da es sich nicht um Turbo-Optionsscheine handelt, droht hier auch kein Totalausfall bei Erreichen einer bestimmten Kursschwelle. Abgerechnet wird erst im Dezember 2022 – oder früher, wenn wir es für sinnvoll erachten. Wann auch immer hier eine Aktion erfolgt, es steht von jetzt an in die Zukunft geblickt niemals mehr als der aktuelle Wert der Optionsscheine im Feuer. Und das sind in dem Moment, wo ich diese Zeilen Schreibe etwa 0,8 Prozent des aktuellen Gesamtdepots.

Zu den oben genannten Positionen gesellt sich noch ein Aktientitel mit aktuell etwas mehr als zwei Prozent Anteil am Depot. Sollten dieser Aktientitel und alle ETF-Positionen um 20 Prozent fallen und die Optionsscheine alle einen Totalverlust erleiden, würde sich dies mit einem Verlust von rund 3,2 Prozent bezogen auf das Gesamtdepot auswirken.

Wie geht es weiter?

Wir werden die komplexe Lage selbstverständlich weiterhin im Auge behalten. Aktieninvestments werden wir voraussichtlich erst einmal weiterhin meiden. Damit diese sich auswirken können, bedarf es eines deutlich höheren Investitionsvolumens als bei dem Einsatz eines Optionsscheines. Diesen Sachverhalt haben wir bereits in unserem Blog an anderer Stelle eingehend erläutert. Optionsscheine auf Aktien mit Laufzeiten von einem Jahr und mehr werden dann wieder interessant, wenn die Volatilität sinkt und sich Trends etablieren – die Richtung des Trends ist hierbei egal. Eine niedrigere Volatilität ist nicht nur gut für eine bessere Planbarkeit der Position, sie verringert als implizite Volatilität auch die Optionsscheinprämie und führt so zu einem günstigeren Einstiegspreis, bzw. zu einem bessern möglichen Gewinnausblick bei geringerem Risiko. 

Investments in Rohstoffe mittels ETCs ziehen wir in Betracht, machen den Einstieg aber vom Marktumfeld und vom Blick auf den Chart abhängig. Auch hier sind das Investment und somit auch das Risiko höher als bei einem Optionsschein. Deshalb investieren wir nicht blind und planlos, sondern versuchen einen wahrscheinlich guten Einstiegspunkt abzuwarten.

Kurzfristig versuchen wir kleine „Nadelstiche“ mit Turbo-Optionsscheinen zu setzen. Damit lassen sich zwar oft nur homöopathische Einzelgewinne erzielen, demgegenüber steht aber auch ein absolut überschaubares Risiko, das für jede Position exakt definiert und begrenzt ist.

Unsere Prämisse bleibt immer die gleiche: Kontinuierliches und volatilitätsarmes Wachstum in „normalen“ Märkten und geringer Verlust und bestmöglicher Kapitalerhalt in unruhigen Märkten. Mit Blick auf das abschätzbare Risiko, welches weiter oben erwähnt wurde und in Anbetracht der Tatsache, dass die Hälfte dieses Risikos in anderen wikifolios momentan zur täglichen Schwankungsbreite gehört, erscheint uns dieser Weg als ein sinnvoller Weg für unser Geld und für das Geld derer, die sich für ein Investment in unser wikifolio-Zertifikat entschieden haben.

 

Unsicherheit statt Rallye!

Im Moment ist es amüsant die Fachpresse zu verfolgen, wenn diese den hilflos anmutenden Versuch macht, ihren Lesern oder Zuschauern einen Ausblick auf die Marktentwicklung der nächsten Tage zu geben. Eine früh am Morgen formulierte Einschätzung ist nicht selten bereits wenige Stunden nach Markteröffnung überholt. Das muss frustrierend sein…

Da haben wir es mit unserem wikifolio-Musterdepot deutlich einfacher und besser. Während der Finanzjournalist täglich aufs Neue seine Seiten füllen muss, zwingt uns niemand zu unnötigem Aktionismus. Der wäre in der aktuellen Lage auch nicht angebracht.
Ein Blick auf DAX und DOW zeigt die aktuelle Unsicherheit. Von seinem Hoch Mitte November viel der DAX innerhalb weniger Tage um fast acht Prozent. Danach ging es innerhalb von nur fünf Tagen mehr als fünf Prozent aufwärts, innerhalb der gleichen Zeitspanne wurde in den folgenden Tagen die Hälfte der vorherigen Aufwärtsbewegung wieder einkassiert.

Im Nachhinein fällt es den Journalisten und Analysten selbstverständlich leicht, zu erklären, warum es genau so und nicht anders kommen musste. Das hilft aber niemandem weiter, weil man eine Aktie oder einen Optionsschein heute nicht mehr zum Kurs von gestern kaufen kann. Investmenterfolg spielt sich immer in der Zukunft ab. Diese könnte mit Blick auf die nächsten Monate zumindest nach heutiger Einschätzung einigermaßen positiv sein.

JETZT POSITIONIEREN?

Das allein führt aber nicht dazu, dass wir mit unserem wikifolio-Musterdepot auf Einkaufstour gehen. Zu einer guten Position gehört nicht nur ein zukünftig positives Entwicklungspotential. Auch der Einstieg sollte gut gewählt werden. Wer bei den letzten Einstiegen genau hingeschaut hat, wird bemerkt haben, dass hier ein paar Positionen den Weg in unser Depot gefunden haben, bei denen dieser Einstieg nicht optimal war. Im Gesamtergebnis wirkt sich das nicht dramatisch aus. Es führt aber dazu, dass trotz positiver Aussicht für diese Positionen erst einmal Verluste aufgeholt werden müssen, bevor Gewinne erzielt werden können.

Es ist selbstverständlich reines Wunschdenken immer den optimalen Einstieg und den optimalen Ausstieg zu schaffen. In der Realität wird das nicht gelingen. Auch darf man sich von diesem Wunsch nicht in seinem Handeln blockieren lassen. Aber man darf vorsichtig werden. Diese Vorsicht führt dazu, dass wir in einem Monat, der für seine Jahresendrallyes bekannt ist und in dem Profis und Privatanleger oft Angst haben etwas zu verpassen, einfach mal die Füße still halten. Bis zum heutigen Tag sind wir damit ganz gut gefahren, weil wir uns nicht von Ansichten haben treiben lassen, die oft innerhalb kürzester Zeit das Vorzeichen wechseln, sondern weil wir unsere eigene Meinung haben.

LIQUIDITÄT IST TRUMPF

Der Marktentwicklung geschuldet steht zwar auch unser Zertifikat auf der Plattform von Lang & Schwarz mit rund -0,80 % auf Monatssicht leicht im Verlust. Die hohe Liquiditätsquote und der Einsatz von Derivaten anstatt Aktien führt aber dazu, dass diese Wertentwicklung besser ist, als die des DAX, der im Vergleichszeitraum mehr als -3,2 % Verlust aufweist. 

Aus den selben Gründen fällt auch die Volatilität in unserem Depot deutlich geringer aus. Nicht nur im Vergleich zum DAX, sondern auch im Vergleich zu anderen etablierten wikifolio-Musterdepots. 

An den aktuellen Positionen halten wir vorerst fest. Auch wenn diese aktuell im Verlust liegen, brennt hier nichts an. Aktien und ETFs können auf Dauer gehalten werden. Der jeweilige Anteil einzelner Positionen am Gesamtdepot ist gering. Insbesondere die Rohstoff-ETFs bekommen dann wieder Anschub, wenn auch die Konjunktur wieder anzieht bzw. die Aussichten wieder besser werden. Ein signifikanter weiterer Rückgang, unabhängig von den Konjunkturaussichten, ist vorerst wahrscheinlich nicht zu erwarten, da die Verfügbarkeit einiger Rohstoffe nach wie vor knapp ist, was sich kurzfristig technisch auch nicht ändern lässt.

Auch die Derivate-Positionen können problemlos gehalten werden. Aktuell befinden sich knapp drei Prozent des Depotkapitals in Derivaten. Bis auf wenige Ausnahmen haben diese Derivate eine Laufzeit bis in das vierte Quartal des kommenden Jahres. Die meisten Optionsscheine stehen tief im Geld. Selbst bei einem Totalausfall aller Positionen, der sehr unwahrscheinlich ist, weil es dazu weiterhin auf Dauer fallender Kurse bedürfte, stünde am Ende ein Risiko von aktuell überschaubaren drei Prozent. 

DIE LETZTEN HANDELSTAGE – UND DANN?

Bis zum Jahresende erwarten wir nicht mehr viel. Die Richtung ist nach wie vor kaum einzuschätzen. Zu viele Faktoren zerren aus unterschiedlicher Richtung an den Kursen. Deshalb ist eine zusätzliche Positionierung weder auf der Put-Seite, noch auf der Call-Seite sinnvoll. Mittelfristig ist das Lagebild noch zu unklar, kurzfristig wird es in einem volatilen Umfeld von Ankündigungen der Notenbanken und von einem anstehenden großen Verfallstag gezeichnet.

Ob es auf den letzten Metern noch zu einer Rallye kommt, wissen wir nicht. Wir halten uns raus, denn wenn die Veranstaltung abgesagt wird, wird der Ticketpreis nicht zurückerstattet. In das nächste Jahr gehen wir mir reichlich Liquidität und höchstwahrscheinlich mit einem wachsenden Anteil an kurzfristigen Positionen.

Aber auch im mittelfristigen Bereich haben wir bereits einige Titel unter Beobachtung, die aufgrund ihres Geschäftsmodells, ihrer Marktpositionierung oder der Branche, in der sie tätig sind, überdurchschnittlich gutes Wachstumspotential aufweisen. Auf der anderen Seite stehen Titel oder Basiswerte zur Verfügung, die, sollte sich die Marktentwicklung im kommenden Jahr doch weiter eintrüben, höchstwahrscheinlich deutlich mehr Federn lassen müssen, als der Marktdurchschnitt.

Unser Terminkalender ist voll. Allerdings momentan weniger mit Kapitalmarktterminen, sondern eher mit so wichtigen Events wie Plätzchen backen, Tannenbaum besorgen und um die Familie kümmern. Auch diese ToDo-Liste muss gewissenhaft abgearbeitet werden, weil eine Vernachlässigung zum temporären Entzug der Handelserlaubnis durch den Ehepartner oder die Familie führen könnte. Und das wollen wir ja nicht. Spaß beiseite:  Das Depot werden wir selbstverständlich auch in den letzten Handelstagen im Auge behalten. Bewegung wird es dann im neuen Jahr geben, wenn nicht nur wir, sondern auch alle anderen Akteure die erste leere Seite in ihrem „Handelsbuch 2022“ aufschlagen.

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